“Erinnert euch daran, wofür ihr lebt!”

“Erinnert euch daran, wofür ihr lebt!”

Beitrag vom 19. Juli 2023

Bewegender Moment bei der Eröffnung der Herrenchiemsee-Festspiele: Natalia Pinchuk, die Ehefrau des inhaftierten Friedensnobelpreisträgers Ales Bialiatski, sprach in ihrem Festvortrag über Russlands Krieg gegen die Ukraine und die verheerende Lage der politischen Gefangenen in Belarus.

Die Herrenchiemsee-Festspiele wurden in diesem Jahr mit einer außergewöhnlichen Rede eröffnet: Nach dem Grußwort des bayerischen Staatsministers für Wissenschaft und Kunst, Markus Blume (CSU), wandte sich Natalia Pinchuk, die Ehefrau des inhaftierten Friedensnobelpreisträgers Ales Bialiatski, mit einem Festvortrag zum Thema „Menschenrechte und Demokratie in Belarus – Freiheit und Frieden für Europa” an das Publikum.

Sie erinnerte an Russlands Krieg gegen die Ukraine und zitierte Cicero: “Wenn Gewehre sprechen, schweigen die Musen”. Heute aber dürfen die Musen nicht schweigen – sie müssen daran erinnern, wofür der Mensch lebt. Sie appellierte an die Gäste, Russlands Aggression gegen die Freiheit zu stoppen, die Ukraine zu lieben und die “unersättlichen Diktaturen” zu stoppen, denn “andernfalls werden Feste wie das heutige unmöglich werden“.

“Es gibt heute zwei Belarus”

Mit Blick auf Belarus sagte Natalia Pinchuk: “Es gibt heute zwei Belarus”. Da ist das Belarus von Diktator Lukaschenko, der seit 29 Jahren an der Macht ist und behauptet, für dieses Land zu sprechen. Er aber ist es, der Russland erlaubt, Atomwaffen in Belarus zu stationieren. Er ist es, der das russische Militär offiziell einlädt. Und er ist es, der zulässt, dass russische Bomben von Belarus aus abgefeuert werden und friedliche ukrainische Städte zerstören.

Aber es gibt auch ein anderes Belarus, das frei und offen ist und sich für Europa entschieden hat. Ein Land, das die Welt im Jahr 2020 überraschte, als Millionen Belarusen friedlich gegen dreist gefälschte Wahlen protestierten. Und dieses freie Belarus wird vom Regime mit Füßen getreten und soll mit brutaler Gewalt zerstört werden.

Und natürlich sprach Natalia Pinchuk über die politischen Gefangenen – über ihren Ehemann Ales Bialiatski, über die mutige Palina Sharenda-Panasiuk, über das Ehepaar Ihar und Dariya Losik, über Maria Kalesnikava, Viktar Babarika und viele weitere. Sie forderte Solidarität mit den unschuldig Inhaftierten durch internationalen Druck auf das Lukaschenko-Regime, denn nur so könne ihre Freilassung erreicht werden.

Der Prozess gegen Ales war die übliche Farce der Diktatur: falsche Anschuldigungen, erfundene Zeugen, ein vorgefertigter Urteilsspruch. Ein Anwalt wurde verhaftet, dem anderen die Zulassung entzogen. Ales und seine Mitstreiter saßen, wie “üblich” in Belarus, in Handschellen in Käfigen. Mehr noch: Ales bat darum, den Prozess auf Belarusisch zu führen, aber das Gericht bestand auf der russischen Sprache und machte damit klar: Belarus unter Lukaschenka ist Teil der „russischen Welt“.

Doch Natalia Pinchuk ist überzeugt: „Ales Bialiatski und seine Mitstreiter werden durchhalten, wenn es internationale Solidarität und Druck auf das Regime gibt“.

Die Internationalen Herrenchiemsee Festspiele wurden 2001 vom Dirigenten Enoch zu Gutenberg ins Leben gerufen und haben sich seither zu einer Institution im internationalen Musikleben entwickelt. Wir danken der Bayerischen Staatskanzlei für die Einladung von Frau Pinchuk und allen, die bei der Vorbereitung des Auftritts geholfen haben:

Ina Valitskaya
Chryścina Darapei
Aleś Čajčyc
Iryna Kaspirovich
Thomas Weiler
Joachim Heintze
Tatiana Pinchuk
Dmitri Moisseenko

Bildnachweis: © Herrenchiemsee Festspiele

Teile diesen Beitrag:

Schreiben Sie uns:

Schreiben Sie uns