Zwei Jahre RAZAM. Ein Rückblick und Dank an euch alle!

Zwei Jahre RAZAM. Ein Rückblick und Dank an euch alle!

Beitrag vom 9. August 2022

Liebe Mitglieder, liebe Freundinnen und Freunde von Belarus,

Am heutigen Tag jährt sich nicht nur die Präsidentschaftswahl von 2020 in Belarus zum zweiten Mal – es ist auch unser gemeinsamer zweiter „Geburtstag”. Am 9. August 2020 haben wir beim Amtsgericht Charlottenburg die Unterlagen für unseren Verein, die Belarusische Gemeinschaft RAZAM e.V., eingereicht. Damals waren wir wie elektrisiert von den Ereignissen in Belarus, wollten als im Ausland lebende Belarusinnen und Belarusen den historischen Prozess mitgestalten, der gerade vor unseren Augen begann. Davon und von den ersten Aktionen hier in Deutschland lasen wir zuerst in Telegram-Chats, die damals wie Pilze aus dem Boden sprossen. Und dann trafen wir uns zum ersten Mal persönlich – bei Demos für freie und faire Wahlen oder am Wahltag in den langen Schlangen vor der belarusischen Botschaft in Berlin und vor dem Konsulat in München.

Unser Engagement begann mit täglichen Aktionen auf den Straßen und Plätzen vieler Städte in ganz Deutschland, ging aber schnell über in konkrete Hilfsinitiativen für politische Gefangene, für Opfer der staatlichen Gewalt, die dringend medizinischer Hilfe bedurften und für diejenigen, die aus politischen Gründen Belarus verlassen mussten und in der Ukraine, in Polen oder in Deutschland Zuflucht suchten.

Von Monat zu Monat wuchs aber auch die erschütternde Erkenntnis, dass es einen schnellen Wandel, wie wir uns ihn erhofft hatten, nicht geben wird. Stattdessen: Tag für Tag, Woche für Woche Nachrichten aus Belarus, die unsere schlimmsten Vorstellungen übertrafen. Wir sahen, wie mutige Menschen in Belarus verhaftet und brutal verprügelt wurden, wie sie später in absurden Prozessen zu langen Haftstrafen verurteilt wurden. Und obwohl die Repressionen bis heute anhalten und sich gar immer weiter verschärfen, nahm das Interesse der Medien hier in Deutschland wieder ab.

Und dann kam der für uns alle einer der schwärzesten Tage der vergangenen zwei Jahre: der 24. Februar 2022, als Russland die Ukraine überfiel und der Krieg, der seit 2014 ja immer da war, zum Flächenbrand wurde. Es war der Tag, an dem auch von Belarus aus die ersten russischen Raketen auf ukrainische Städte flogen. Das Einzige, was wir in diesem Moment dem Irrsinn des Krieges entgegenstellen konnten, war unsere Solidarität und Hilfe: ihr habt für und mit den ukrainischen Freunden Demonstrationen organisiert, seid als Freiwillige an die ukrainische Grenze gefahren, habt Kleidung und Hygieneartikel gesammelt, warmes Essen für die Helfer und Geflüchteten gekocht und habt auf Bahnhöfen, in Wohnheimen und Sammelstellen den neu Ankommenden geholfen. Ihr habt Benefizkonzerte organisiert und Informationen für die Geflüchteten zusammengestellt. Dank eurer Spenden konnten wir einen Anhänger für unsere Freiwilligen an der polnisch-ukrainischen Grenze kaufen, aber auch Rollstühle, medizinische Hilfsgüter und vieles mehr.

Die zurückliegenden zwei Jahre haben uns alle verändert. Wir hatten so große Hoffnung und wurden Zeugen von so viel Leid. Wir wissen, wie erschöpft viele von euch sind, vielleicht auch verzagt, weil das Regime in Minsk doch immer noch fest im Sattel zu sitzen scheint. Oft stellen wir uns die Frage, wie lange unsere persönlichen Ressourcen noch reichen werden für dieses Engagement.

Und dennoch sind wir überzeugt, dass unser und euer Engagement von nicht zu unterschätzender Bedeutung waren und sind:

Zuallererst denken wir da an all jene Menschen, die sich über die Hilfsinitiativen an uns gewandt haben: ob sie nun Angehörige haben, die im Gefängnis sitzen oder ob sie das Land verlassen mussten ohne zu wissen, wie es weitergehen soll. Ihr wart für sie da und habt ihnen geholfen.

Neben der Hilfe wollten wir immer auch “Belarus sichtbar machen”: Auf zahlreichen Veranstaltungen – von Konzerten über Schulveranstaltungen und Diskussionsrunden bis zu Filmvorführungen und Ausstellungen – konnten wir Menschen begeistern für Belarus, auch wenn unser Heimatland durch so eine unfassbar schwere Zeit geht. Wir haben über 70 Interviews gegeben und gerade jetzt, zum zweiten Jahrestag der Wahl, haben wir wieder zahlreiche Interviewanfragen bekommen. So konnten wir dazu beitragen, Belarus immer wieder der deutschen Öffentlichkeit ins Bewusstsein bringen.

Oder nehmen wir die Gespräche mit politisch Verantwortlichen auf Landes- und Bundesebene: da ging es um gesetzliche Regelungen und Schutzmaßnahmen für belarusische Geflüchtete oder ganz einfach darum, dass Belarus von der “großen Politik” nicht vergessen wird. An diesem Punkt war es besonders wichtig, dass wir uns vernetzt haben mit anderen Organisationen und Strukturen, wie zum Beispiel über den Arbeitskreis Belarus. Heute sind wir ein wichtiger Teil dieser Netzwerke für Belarus.

All das erfüllt uns mit großem Stolz und Dankbarkeit, die wir kaum in Worte fassen können. Dass RAZAM heute deutschlandweit bekannt ist und tatsächlich zu DEM Anlaufpunkt für Fragen zu Belarus geworden ist, verdanken wir euch allen:

  • den Ehrenamtlichen und Aktivist:innen, die sich neben Familie und Beruf in unseren Hilfsinitiativen engagieren;
  • den Mitgliedern des Vorstands, die Woche für Woche in langen abendlichen Zoom-Calls Fragen der Vereinsarbeit besprechen;
  • den Mitarbeitenden von RAZAM, für die die Arbeit bei uns mehr als ein „Job” ist;
  • und schließlich unseren Fördermitgliedern, die uns mit regelmäßigen Beiträgen unterstützen.

Was wünschen wir uns für das dritte Jahr des Bestehens von RAZAM? Wohl das, was ihr euch auch alle wünscht:

  1. Dass unser Verein den Geist dieser ersten zwei Jahre bewahren kann, der geprägt war von Vertrauen, Respekt und solidarischem Miteinander. Nur so werden wir auch weiterhin helfen können, den Weg zu einem neuen, demokratischen und lebenswerten Belarus zu ebnen.
  2. Dass der Krieg in der Ukraine endet und russische Truppen aus allen Gebieten jenseits der eigenen Grenzen abgezogen werden – auch aus Belarus.
  3. Dass wir unseren 3. Jahrestag im Neuen Belarus feiern werden können.

Am Ende dieses Schreibens haben wir noch eine gute Nachricht für euch: Heute Nacht ist die neue Webseite unseres Vereins online gegangen. Die neue Seite – unter der altbekannten Adresse razam.de – soll noch besser zeigen, wer wir sind und was wir tun, was wir schon erreicht haben und wie jede:r Einzelne:r Belarus unterstützen kann. Wir möchten gar nicht zu viel verraten, sondern euch einfach einladen, ausgiebig auf der Homepage zu „stöbern” und euch überraschen zu lassen.

Die Seite befindet sich noch im Aufbau und so werdet ihr an der ein oder anderen Stelle eine „Прабачце” („Sorry”) finden, weil hier noch „gewerkelt” wird. Das gleiche gilt für die mobile Version (auf dem Handy) – deshalb empfehlen wir euch, zunächst den PC oder Laptop zu nutzen, um die neue Seite kennenzulernen.

Ein ganz Besonderes Dankeschön möchten wir an dieser Stelle unseren Freundinnen und Freunden aus der Arbeitsgruppe „Mowa” aussprechen: dank Euch haben wir es in kürzester Zeit geschafft, neben einer deutschen Webseite auch eine Seite auf Belarusisch zu erstellen. Auch das ist ein Zeichen dieser Zeit: denn es ist für uns wichtiger als jemals zuvor, die belarusische Sprache und Kultur aktiv zu fördern und auch zu leben.

Herzliche Grüße | З павагай

Anton Niadzelka, 1. Vorsitzender
Yuliya Salauyova, 2. Vorsitzende

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